Sonntagsfrage: Grüne und CDU/CSU sind stärkste Konkurrenten, aber sprechen unterschiedliche Milieus an

Vor der Bundestagswahl im September 2021 zeichnet sich derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Unionsparteien CDU/CSU und den Grünen ab. Doch wer sind die Unterstützerinnen und Unterstützer dieser Parteien? Und welche Potenziale haben die Parteien in der Bevölkerung? Diesen und weiteren Fragen ist das SINUS-Institut in Kooperation mit YouGov in einer repräsentativen Online-Studie nachgegangen.

Sonntagsfrage: Grüne und CDU/CSU sind stärkste Konkurrenten, aber sprechen unterschiedliche Milieus an
Bild von Jörn Heller auf Pixabay

Grüne überholen Unionsparteien in der Sonntagsfrage

Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wären, würden sich 25% der deutschen Wählerinnen und Wähler für Bündnis 90/Die Grünen entscheiden. Damit überholen die Grünen ganz knapp die Unionsparteien CDU/CSU, die 24% erzielen würden. Die SPD käme auf 14%, FDP und AfD jeweils auf 11%, Die Linke auf 8% und sonstige Parteien auf 7% in der Wahlabsicht der Deutschen.

Dieses aktuelle Stimmungsbild zeigt, dass die Unionsparteien und die Grünen im bevorstehenden Bundestagswahlkampf die beiden stärksten Konkurrenten werden dürften. Hierbei konkurrieren die Parteien in Teilen um die gleichen Wählerinnen und Wähler: 30% der Unions-Wählerinnen und -Wähler geben an, sich vielleicht oder sicher vorstellen zu können, die Grünen zu wählen. Unter denjenigen, die aktuell angeben, Bündnis 90/Die Grünen zu wählen, kann sich ein Viertel (25%) vorstellen, die Union zu wählen.

Dies sind Ergebnisse einer repräsentativen Online-Studie des SINUS-Instituts in Kooperation mit der Data & Analytics Group YouGov, für die 2.021 Wahlberechtigte zwischen dem 23.04. und 26.04.2021 befragt wurden. Davon haben bei der Sonntagsfrage 1.643 Personen eine Wahlabsicht geäußert.

Grüne und CDU/CSU sprechen gegensätzliche Milieus an – Lebenswelt von Wählern erklärt Wahlentscheidung

Grüne und Unionsparteien sind die größten Konkurrenten um Wählerstimmen, haben ihre Schwerpunkte in genau entgegengesetzten Wähler-Zielgruppen: CDU/CSU überzeugen in konservativen Milieus und bei Älteren, Grüne punkten in modernen Milieus und bei Jüngeren. Das zeigt die Analyse auf Basis des Gesellschaftsmodells der Sinus-Milieus®, das die deutsche Bevölkerung vor dem Hintergrund ihrer Werte und Lebensstile in zehn Gruppen Gleichgesinnter kategorisiert.

Grafik Top 3

CDU/CSU überzeugen in konservativen Milieus und bei Älteren

Die Unionsparteien (Sonntagsfrage gesamt: 24%) können vor allem in den älteren und formal niedrig gebildeten Bevölkerungsgruppen punkten (55 Jahre und älter: 27%, niedriger Schulabschluss: 30%) sowie im konservativen Lager der Gesellschaft. „Dazu gehören die Milieus der Konservativ-Etablierten, das klassische Establishment unserer Gesellschaft, mit einer 37%igen Wahlabsicht für die CDU/CSU und die Gruppe der Traditionellen mit 34%, das ist die Sicherheit und Ordnung liebende ältere Generation. Im Vergleich zu früheren Milieu-Analysen zeigt sich jedoch, dass diese ehemals feste Bank der Union bröckelt“, erläutert Manfred Tautscher, Geschäftsführer des SINUS-Instituts. Weiterhin verdeutlichen die Ergebnisse nach Sinus-Milieus® das Grundproblem der Union, dass junge und modern-orientierte Wählergruppen nur wenig erreicht werden.

Grüne punkten in modernen Milieus und bei Jüngeren

Der Schwerpunkt der Grünen (Sonntagsfrage gesamt: 25%) liegt genau in diesen Gruppen. „Die Grünen haben es geschafft, ihre bildungsbürgerlichen Kernmilieus zu halten, und gleichzeitig haben sie sich für andere, nämlich junge und moderne, Wählergruppen geöffnet“, fasst Tautscher zusammen. Zu den Stammwählern gehören die Milieus der Liberal-Intellektuellen (38%), die aufgeklärte Bildungselite, und die Sozialökologischen (36%), das engagierte gesellschaftskritischen Milieu. Neue Wähler werden besonders angezogen aus dem Milieu der Expeditiven (44%), die ambitionierte kreative Avantgarde, und der Hedonisten (28%), die spaß- und erlebnisorientierte moderne untere Mitte. Weiterhin sind Grüne vor allem bei Jüngeren und formal Hochgebildeten besonders stark (18-34 Jahre: 32%, hoher Schulabschluss: 34%).

Mitte der Gesellschaft ist gespalten zwischen Grüne und Union

Diese Spaltung zwischen Unions- und Grüne-Wählern zeigt sich auch in der Wahlabsicht in der Mitte der Gesellschaft. In der modernen jungen Mitte, dem Milieu der Adaptiv-Pragmatischen, konkurrieren die beiden Parteien besonders stark um Wählerinnen und Wähler. In diesem Milieu werden die Grünen mit 27% stärkste Kraft, aber die Unionsparteien liegen mit 25% knapp dahinter. In der Bürgerlichen Mitte, dem bürgerlichen Mainstream, liegen traditionell die Unionsparteien mit 25% vorne, während die Grünen in diesem Milieu 16% erreichen.

Wahlen werden nicht in der Mitte gewonnen, sondern in modernen Milieus

Obwohl die nächste Bundestagswahl erst im September 2021 stattfindet, ist sich eine knappe Mehrheit der Wählerinnen und Wähler (56%) bereits sicher, wen sie dann wählen werden.

„Wahlen werden nicht mehr in der Mitte gewonnen, sondern im Dreieck der Sinus-Milieus der Performer, Liberal-Intellektuellen und der beiden jungen Zukunftsmilieus der Expeditiven und Adaptiv-Pragmatischen. Entscheidend ist die Mobilisierung und die sowohl rationale als auch emotionale Anziehungskraft in diesen politisch interessierten und mental offenen Sinus-Milieus. Wahlentscheidend könnte sein, wer die Wanderungsströme dieser Milieus zwischen Grünen, CDU, FDP und SPD am besten für sich gewinnen kann“, sagt Norbert Schäuble, Gesellschafter des SINUS-Instituts.

SPD hat das größte Problem, Wähler zu mobilisieren

Der SPD gelingt es am wenigsten, ihr Wählerpotenzial auszuschöpfen. Das wird deutlich, wenn man die Wahlberechtigten fragt, welche Parteien sie sich grundsätzlich vorstellen können zu wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre. So können sich 36% der Wahlberechtigten grundsätzlich sicher bzw. vielleicht vorstellen, die SPD zu wählen, aber laut Sonntagsfrage äußern derzeit nur 14% eine konkrete Wahlabsicht (Potenzialausschöpfung: 39%). „Die SPD findet durchaus große Sympathien in der Bevölkerung, aber sie schafft es nicht, Wählergruppen zu mobilisieren. Auch die Milieu-Analyse zeigt, dass die SPD in keiner Zielgruppe besonders stark punkten kann, was sich als Profillosigkeit interpretieren lässt“, erläutert Manfred Tautscher, Geschäftsführer des SINUS-Instituts.

Auch CDU/CSU und Grüne haben noch deutlich „Luft nach oben“, aber schöpfen ihr Wählerpotenzial bereits besser aus: 40% geben an, sich grundsätzlich vorstellen zu können, den Grünen ihre Stimme zu geben, 25% würden dies laut Sonntagsfrage aktuell tun (Potenzialausschöpfung: 63%). Das Potenzial der Unionsparteien liegt etwas geringer, denn 38% der Wahlberechtigten zeigen sich grundsätzlich offen für diese Parteien und 24% äußern in der Sonntagsfrage eine entsprechende Wahlabsicht (Potenzialausschöpfung: 63%).

Wählerpotenzial der AfD verringert sich

Die höchste Potenzialausschöpfung zeigt sich bei der AfD: 17% könnten sich grundsätzlich vorstellen diese Partei zu wählen, 11% beabsichtigten dies laut der aktuellen Sonntagsfrage (Potenzialausschöpfung: 65%). „Vergleicht man die Milieu-Ergebnisse zur letzten Bundestagswahl 2017, wird deutlich, dass die AfD besonders stark in der Bürgerlichen Mitte verloren hat. Die AfD bleibt jedoch das Auffangbecken für das Milieu der Prekären, das ist die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht. Die aktuelle Sonntagsfrage zeigt, dass die AfD bei Prekären sogar vor allen anderen Parteien rangiert“, erläutert Tautscher. Während 12% aller Wahlberechtigen den AfD-Politiker Björn Höcke als geeignet für das Amt des Bundeskanzlers halten, sind im Milieu der Prekären 24% dieser Ansicht. „Das Wählerpotenzial der AfD scheint sich stärker auf den rechtsextremen Kern zu reduzieren“, ergänzt Tautscher.

Methodischer Hinweis

Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2.021 Personen zwischen dem 23.04. und 26.04.2021 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche wahlberechtigte Bevölkerung ab 18 Jahren.

Die Ergebnisse samt einer Erklärung der Methodik stehen hier kostenlos zur Verfügung.

Über das SINUS-Institut

Die SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH mit Standorten in Heidelberg und Berlin, ist seit über 40 Jahren Spezialist für psychologische und sozialwissenschaftliche Forschung und Beratung. Das Institut entwickelt Strategien für Unternehmen und Institutionen, die den soziokulturellen Wandel als Erfolgsfaktor nutzen.

Ein zentrales Tool dafür sind die Sinus-Milieus® - ein Gesellschafts- und Zielgruppenmodell, das Menschen nach ihren Lebenswelten in „Gruppen Gleichgesinnter“ zusammenfasst. Die Sinus-Milieus® zählen seit Jahrzehnten zu den bekanntesten und einflussreichsten Segmentationsansätzen und sind mittlerweile für über 40 Länder verfügbar.

SINUS kooperiert eng mit den Schwesterunternehmen INTEGRAL Markt- und Meinungsforschung in Wien, Österreich, und OPINION Market Research & Consulting, Nürnberg (INTEGRAL-SINUS-OPINION Gruppe).

Weitere Informationen über das SINUS-Institut unter www.sinus-institut.de.

Über YouGov

YouGov ist eine internationale Data and Analytics Group mit Hauptsitz in London. Unser datenbasiertes Angebot unterstützt und optimiert ein breites Spektrum an Marketingaktivitäten für unsere Kunden, zu denen Medieninhaber, Marken und Mediaagenturen gehören. Wir arbeiten mit einigen der bekanntesten Marken der Welt zusammen. Wir sind der Marktforschungspionier der Multilevel regression with poststratification (MRP) für präzise Prognosen auf granularer Ebene. Laut Pew Research übertrifft die Genauigkeit unser Daten regelmäßig die anderer Wettbewerber.

Mit einem eigenen Panel von mehr als 11 Millionen registrierten Mitgliedern, in mehr als 55 Märkten und Niederlassungen im Vereinigten Königreich, Europa, Nord- und Südamerika, dem Nahen Osten, Indien und dem asiatisch-pazifischen Raum, verfügt YouGov über eines der größten Marktforschungsnetzwerke der Welt.

Weitere Informationen finden Sie unter www.yougov.de

Kontakt für Rückfragen

YouGov Deutschland GmbH
Anne-Kathrin Sonnenberg, PR Manager
Telefon: +49 221 42061–444
Mail: presse@yougov.de

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