Asylsuchende und Flüchtlinge kommen oft mit dem Traum von einem besseren Leben nach Europa, haben aber nur begrenzte Informationen darüber, wie sie ihre Ziele verwirklichen können. Insbesondere unsere Untersuchungen mit jungen Asylsuchenden zeigen, dass es ihnen oft an einem grundlegenden Verständnis der Berufsbildungssysteme in ihren neuen Ländern sowie an persönlich bedeutsamen Darstellungen vielversprechender beruflicher Laufbahnen fehlt.
Das SINUS-Institut war federführend bei der Konzeption und Entwicklung einer fortschrittlichen Webanwendung, die junge Asylsuchende durch die ersten Phasen der Berufsfindung begleitet. Die App "Vocational Education and Training (VET) Voices" ist als mehrsprachiger, benutzerfreundlicher "Fuß in der Tür" konzipiert und kombiniert eine Interessen-Selbsteinschätzung, motivierende Video-Testimonials und ein Netzwerk-Tool, das bei der Kontaktaufnahme mit Berufsbildungsexperten hilft. Auf der Grundlage einer kurzen Einschätzung des Interesses der Nutzer am Erlernen bestimmter Fähigkeiten empfiehlt die App in Sekundenschnelle relevante Ausbildungs- und Berufsfelder, und zwar mit Hilfe einer effizienten algorithmischen Methode, die auf den ESCO Skill-Occupation Matrix Tables basiert. Im Anschluss zeigt die App Jobcentren in der Nähe der Nutzer und Videos junger Flüchtlinge an, die erfolgreich eine Berufsausbildung in Deutschland, Griechenland, Spanien und der Türkei absolviert haben.
Das VET Voices Projekt im Rahmen des Programms Erasmus+ Strategic Partnerships (2020-1-DE02-KA202-007545) finanziert.
In erfolgreicher Zusammenarbeit mit vier Partnern aus den Bereichen Technologie und Bildung - Infalia (Griechenland), Metodo Estudios Consultores (Spanien), 21.YY Egitimciler Dernegi (Türkiye) und der Volkshochschule im Landkreis Cham (Deutschland) - wurde die App einem Praxistest unterzogen. Außerdem wurde eine Reihe ergänzender Materialien veröffentlicht, darunter eine Sammlung von Good Practices, datengestützte Leitlinien zu Migration, Berufsbildung und Arbeitsmärkten sowie ein umfassender Forschungsbericht.
Die Europäische Kommission kam zu dem Schluss, dass "das Projekt es [den Nutzern] ermöglichte, ihre beruflichen Interessen schnell einzuschätzen, Jobcenter zu finden und Motivationsvideos anzuschauen [...] die Pandemie und andere Herausforderungen wurden mit Bravour gemeistert, und die Qualität der durchgeführten Aktivitäten und ihre Übereinstimmung mit den Projektzielen waren hoch. Die angewandte Methodik hat sich bewährt."